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Nachbericht: Forum Asbest und andere Gebäudeschadstoffe 2024

Forum Asbest 2024Im November haben wir uns erneut beim Forum Asbest mit Vertretern der Asbestbranche im Haus der Technik (HDT) in Essen getroffen. Neben spannenden Gesprächen an unserem CRB Info-Stand haben wir natürlich auch verschiedensten Fachvorträgen gelauscht. Diskutiert wurden die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Diagnostik und Sanierung von Gebäudeschadstoffen. Für alle, die nicht dabei sein konnten oder die Veranstaltung noch einmal Revue passieren lassen wollen, fassen wir hier einige Schwerpunkte der Tagung zusammen:

Aktuelle Entwicklungen zum Thema Asbest in Österreich

Auch Österreich steht vor dem Problem, Asbest loszuwerden. Zukünftig soll verstärkt auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft geachtet werden. Abfälle mit einem Asbestgehalt über 0,1 % gelten als gefährlich und müssen getrennt behandelt werden. Bei Asbestgehältern bis 0,1 % ist eine Emissionsmessung oder eine Gefährdungsabschätzung durch Grenzwertvergleichsmessungen gemäß Grenzwerteverordnung bzw. TRGS 910 notwendig. Wenn keine gesundheitsgefährdenden Emissionen zu erwarten sind, ist eine spezielle Behandlung als asbesthaltiger Abfall nicht erforderlich.

Bezugnehmend auf die Lage in Österreich wurden außerdem folgende Themen beim Forum Asbest 2024 besprochen:

  • Recycling: Für Putze, Spachtelmassen und Fliesenkleber mit weniger als 0,1 Masse-% Asbest gilt ein Grenzwert von 0,008 Masse-% Asbest. Darunter ist ein Recycling möglich.
  • Abstandhalter aus Asbestzement: Eine Entfernung dieser wird befürwortet, ist oft aber nicht vollständig möglich. Bei Abbrucharbeiten mit diesen Abstandhaltern ist eine Gefährdungsanalyse nötig und die Staubfreisetzung zu minimieren.
  • Probenahme und Bestimmung von Asbest: Wie in Deutschland gelten für die Probenahme die Methoden VDI 3866 Blatt 1, VDI 3876 sowie VDI 6202 Blatt 3 sowie die ISO 22262-1. Für die Bestimmungsmethoden gelten die IFA (BIA) 7487, VDI 3866 Blatt 5 mit Anhang B, VDI 3876 sowie die ISO 2262-2.
  • Künstliche Mineralfasern: Um gefährliche künstlichen Mineralfasern zu identifizieren, wird der längengewichtete mittlere geometrische Durchmesser minus zweifacher geometrischer Standardfehler (LGWMD-2SE) herangezogen – gemäß Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP-Verordnung).
  • Deponieverordnung: Das Recycling von Bauabfällen soll nach der EU-Deponierichtlinie gefördert werden und ab 2026 wird die Deponierung bestimmter recycelbarer Abfälle, wie Gips-Wandbauplatten und Gips-Kartonplatten, verboten.

Aktuelle Asbest- und Bauschadstoff-Situation in der Schweiz

In der Schweiz wird derzeit die EKAS-Richtlinie 6503 (das Schweizer Pendant zur TRGS 519) überarbeitet. Zudem gibt es ein neues Factsheet Nr. 33105 „Asbestsanierung – Arbeitsplan für Asbestsanierungsunternehmen“ sowie neue Factsheets der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) für den Umgang mit PCB und PAK. Eine aktuelle Checkliste für Baubewilligungsbehörden soll die Qualität von Gutachten sichern.

Die Übergangsfrist für Bauschadstoffdiagnostiker ohne Prüfung endete 2023, was zu einem Fachkräftemangel führte. Außerdem wurden die häufig in Baumaterialien vorkommenden PFAS (per- und polyfluorierten Alkylverbindungen) thematisiert, für deren Umgang es (nicht nur in der Schweiz) an Richtlinien mangelt.

Weitere Schweizer Themen im Überblick:

  • Verdeckter Probenversand: Der verdeckte Ringversuch berücksichtigte neue Anforderungen an die Bestimmung von Asbestfasern gemäß dem Positionspapier der FACH. Die Ergebnisse waren gemischt, einige Labore verloren die Anerkennung, vor allem bei Akustikplatten gab es oft falsch negative Ergebnisse.
  • EKAS-Richtlinie 6503: Unter anderem besteht nun die Verpflichtung, die Einhaltung dieser EKAS-Richtlinie im Werkvertrag einzufordern. Zudem wird eine Dichtheitsprüfung der Atemschutzgeräte vor jedem Einsatz gefordert.
  • Verbot von Strahlverfahren bei der Asbestsanierung: Das Verbot erschwert die Sanierung asbesthaltiger Beschichtungen. Wasserstrahlverfahren könnten Trockenstrahlverfahren ersetzen, haben aber potenzielle Nebenwirkungen wie Kontamination der darunter liegenden Strukturen.

Aktuelle Asbest- und Gebäudeschadstoff-Themen in Deutschland

Beim Forum Asbest wurde auf eine etwas besorgniserregende Entwicklung der anerkannten asbestbedingten Todesfällen eingegangen: Trotz des über 30-jährigen Asbestverbots zeigt sich kein signifikanter Rückgang. Ein leicht negativer Trend ist jedoch erkennbar.

Fachbeiträge beim Forum Asbest 2024

Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) & Co.

Bei der novellierten Gefahrstoffverordnung ist die Bauherrenhaftung nach wie vor (wie schon im Referentenentwurf) nicht mehr enthalten. Je nach Stoßrichtung werten dies die einen als Erfolg, die anderen als schwarzen Tag für den Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Um die Kreislaufwirtschaft zu stärken, hat die Europäische Kommission das EU-Protokoll für das Management von Bau- und Abbruchabfällen einschließlich Leitlinien für Audits vor Abbruch und Renovierung von Bauwerken aktualisiert.

Mit dem RAL-Gütezeichen 540 „Schadstoffsanierung von baulichen und technischen Anlagen im Bestand“ ist in 2024 auch die RAL Gütegemeinschaft Schadstoffsanierung e.V. in die RAL-Familie aufgenommen worden.

Im Mai wurde die LAGA M 41 „Vollzugshilfe zur Umsetzung der abfallrechtlichen Vorgaben der EU-POP Verordnung – Grundlagen und Anwendungsbereiche“ veröffentlicht (POP = persistente organische Schadstoffe).

Zudem wurde die Richtlinie VDI 6210 Blatt 1 Abbruch von baulichen und technischen Anlagen weiter überarbeitet – unter Berücksichtigung der Grundanforderungen der DIN SPEC 91484 zum pre-demolition-audit. Die Überarbeitung der VDI 6202 Richtlinienreihe ist ebenfalls im Gange.

Fachdatenbanken Schadstoffe und Asbest

Die Gebäudeschadstoff-Datenbank ist noch in der Anfangsphase, während die Asbestdatenbank mit etwa 810 Objekten aus über 600 Projekten fortgeschrittener ist und der Fokus auf Süddeutschland liegt. Zudem wird eine Datenbank zu PCB und CP in Zusammenarbeit mit der Universität Karlsruhe aufgebaut, für die noch weitere Partner und Daten benötigt werden.

Aktuelle Themen und Entwicklungen in der Fasermesstechnik

Überarbeitung der VDI 3492

Die VDI 3492 wurde überarbeitet, um mit den neuesten Entwicklungen Schritt zu halten. Für eine einheitliche Vorgehensweise wurde u.a. die Messplanung überarbeitet, was in einigen Szenarien zu mehr Messpunkten und einer höheren Aussagekraft führen wird. Die Nutzungssimulation wurde praxisnäher gestaltet und die Faseridentifikation grundlegend überarbeitet, einschließlich digitaler Analyse.

Dünne Fasern – EU-Richtlinie Asbest am Arbeitsplatz

Die EU plant, den Grenzwert für Asbestexposition am Arbeitsplatz ab dem 21.12.2025 von 100.000 Fasern/m³ auf 10.000 Fasern/m³ zu senken. Nach einer 6-jährigen Übergangsfrist bleiben zwei Optionen in der Analytik:

  • Werden die sogenannten dünnen Fasern (mit einem Durchmesser von weniger als 0,2 µm) gemessen, kann der Grenzwert bei 10.000 Fasern/m³ bleiben.
  • Werden diese dünnen Fasern nicht gemessen, sinkt der Grenzwert auf 2.000 Fasern/m³.

Asbestfasern mit einem Durchmesser von weniger als 0,2 µm werden bisher zwar erfasst, gehen aber nicht in das Ergebnis ein.

Es stellen sich mehrere Fragen:

  • Wie toxikologisch relevant sind die dünnen Fasern mit einem Durchmesser von weniger als 0,2 µm wirklich?
  • Sind diese dünnen Fasern wirklich gefährlicher als die starren, steifen Fasern?
  • Wie ist der Zusammenhang zwischen Faserdurchmesser und Steifigkeit?
  • Und gilt dies sowohl für Chrysotil als auch für Amphibolasbeste?

Herausforderung für die Analytik

Das Problem besteht darin, dünne Fasern zu finden und korrekt zu identifizieren, was von der Qualität des Mikroskops sowie der Erfahrung des Analytikers abhängt. Zeitaufwand und Kosten für Analysen werden steigen. Eine höhere Vergrößerung (ca. 6.000-fach) wird erforderlich sein, was neue, bessere Geräte erfordern kann. Die heutige elektronendispersive Analytik stößt bei sehr dünnen Fasern an Grenzen, besonders in der Nähe von Fremdpartikeln.

Die Reduzierung des Grenzwertes auf 2.000 Fasern/m³ erfordert eine Neubewertung der Verfahren und Anpassung der Schutzausrüstung. Dies könnte die Nutzung des Transmissionselektronenmikroskops fördern, da es sehr dünne Fasern erfassen und einfacher identifizieren kann.

Arbeitsschutz beim Umgang mit Asbest

CRB-Infostand beim Forum Asbest 2024Beim Thema Asbestexposition im Arbeitsschutz hat sich in letzter Zeit einiges getan. Die neue Gefahrstoffverordnung enthält u.a. risikobezogene Maßnahmenkonzepte für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen wie z.B. Asbest. Diese beruhen auf risikobasierten Konzentrationswerten, die drei Risikobereiche (geringes, mittleres und hohes Risiko) umfassen. Es ist die Aufgabe des Arbeitgebers, die Exposition und den Risikobereich zu ermitteln. Als Ausnahmen von den Beschränkungen der Tätigkeiten mit Asbest zählen bestimmte Tätigkeiten der funktionellen Instandhaltung im Rahmen der laufenden Nutzung eines Gebäudes, solange kein Hochrisiko mit mehr als 100.000 Fasern/m³ besteht.

Hier ein paar Beispiele für Asbestexpositionen bei Tätigkeiten im Baubestand:

  • Fliese ohne Absaugung anbohren: 36.000 Fasern/m³
  • einzelne Fliese abschlagen: 77.000 Fasern/m³
  • Kleber abschleifen 1.000.000 Fasern/m³

Es können also schon bei relativ geringfügigen Tätigkeiten erhebliche Faserexpositionen auftreten. Unter Umständen kann auch bei nur geringen Expositionen eine Überschreitung der Akzeptanzkonzentration erreicht werden. Hier hilft nur konsequentes staubarmes Arbeiten und ggf. emissionsarme Verfahren, sofern vorhanden.

Fazit zum Forum Asbest 2024

Es hat uns wieder viel Spaß gemacht, über Asbestanalytik, Gebäudeschadstoffe und Co. zu diskutieren und uns über die aktuellen Entwicklungen in der DACH-Region und Europa auf dem Laufenden zu halten. Insbesondere für den persönlichen Erfahrungsaustausch mit anderen Fachleuten und Sachkundigen hat sich die Teilnahme vor Ort gelohnt.

Für noch detailliertere Einblicke in die Vortragsinhalte des Forums Asbest 2024 empfehlen wir Ihnen den ausführlichen Blogeintrag unseres Kollegen Dr. Gunnar Ries. Dort können Sie u.a. auch über Asbest in Brücken, Tunneln und Schleusenanlagen sowie über den Sinn oder Unsinn von Rasterfaserbindung, die ATV DIN 18448 und das Thema Luftwechsel lesen: https://scilogs.spektrum.de/mente-et-malleo/forum-asbest-und-andere-gebaeudeschadstoffe-2024/

Wir hoffen, auch beim nächsten Forum Asbest am 6. und 7. November 2025 wieder dabei zu sein. Vorher begrüßen wir sie aber als nächstes auf der DCONex am 28. und 29. Januar 2025 in Münster.